Was drücken Metaphern wie „mit dem Rücken zur Wand stehen“ oder „in eine Ecke gedrängt werden“ aus? Die Bedeutung ist klar: man befindet sich in einer fixen und somit schwachen Position.

Wie gerät man in eine solche Position? Dies kann in sozialen Interaktionen geschehen, etwa in einem Gespräch, als Ergebnis einer Gruppendynamik. Besonders ausgeprägt, sogar aggressiv, kann eine solche Dynamik sein, wenn unterschiedliche Interessen im Spiel sind.

Wie kann man dem entgegenwirken, sich davor schützen und vielleicht sogar die Dynamik umkehren?

Zuerst muss man sich bewusst werden, wieso dies geschieht. Es geht um Kontrolle über die Dynamik. Wer ist am längeren Hebel, so zu sagen. Jemanden in eine fixe Position zu locken macht ihn unbeweglich und somit schwach, eine flexible Position hingegen gibt mehr Handlungsraum und ist deshalb stärker. Stärke im Gespräch bedeutet, Kontrolle über die Interaktion zu haben. Das stellt das Gegenüber vor eine Herausforderung. Die Herausforderungen kommen in der Regel in der Form von Fragen.

Ganz einfach, wer Fragen stellt, kontrolliert das Gespräch.

Im Folgenden wird auf die häufigsten Gründe eingegangenen, warum dies angestrebt wird.

1. Aus Gewohnheit
Es gibt Menschen, die einfach immer kontra sein müssen. Man sagt „weiss“, sie sagen schwarz“. Es wäre kontraproduktiv, sich in eine Argumentation verstricken zu lassen. Es gibt bessere Wege, die Dynamik umzukehren. Zum Beispiel:

– Vage einverstanden sein: „Ja, es ist möglich, dass sie Recht haben.“
– Beide Versionen vorschlagen: „Sie können das tun…, oder auch nicht“.
– Dem Oppositionisten eine wichtige Rolle innerhalb der Gruppe zuteilen: „Herr Meier, sie ziehen alle Perspektiven in Betracht, Ihrer Aufmerksamkeit entgeht nichts, vielen Dank! Weiter so!“

2. Das Gegenüber hat eine wunde Stelle und leidet darunter
Etwas, was Sie gesagt haben, löst Angst, Schmerz oder andere negative Emotionen aus. Finden Sie heraus, was das ist und helfen Sie, es zu lösen. Dazu müssen Sie Fragen stellen um mit der Information weiter arbeiten zu können. Es kann auch sein, zum Beispiel, dass eine Frage indirekt eine andere Frage stellt, eine, die sich das Gegenüber unwohl fühlt zu stellen. Zum Beispiel: wenn mich mein Sohn fragt, wann ich ins Yoga gehe, weiss ich, dass die wirkliche Frage lautet: wann kann ich PC-Spiele spielen?

– Finden Sie heraus, um was es sich handelt. Es helfen Fragen wie „Meinen Sie das oder das?“ oder „Würden Sie bitte die Frage wiederholen?“ Es kann sein, dass die Frage dabei umformuliert oder umgedeutet wird, so dass man eine ganz andere Frage behandeln muss. Wichtig ist nur, Gegenfragen zu stellen, weil dann das Gegenüber Inhalte produzieren muss. Es soll jedoch nicht wie ein Angriff rüber kommen. Lassen Sie sich nicht emotional einziehen. Bleiben Sie gelassen, respektvoll und angenehm interessiert: „Scheinbar ist Ihnen das wichtig, ist es OK für Sie, wenn ich ein Paar Fragen stelle, um mehr darüber zu erfahren?“

– Wenn Sie merken, dass das Gegenüber sich zurückzieht, halten Sie es im Prozess engagiert. Dabei helfen Komplimente und Schmeicheleien: „Sie sind ein sehr intelligenter, erfolgreicher Mensch.“; oder Sie können den Eigennutzen des Gesprächspartners hervorheben.

– Stehlen Sie die Muster und machen Sie genau das, was der Gesprächspanter mit Ihnen probiert, Druck durch die Fragen aufzubauen. Jetzt, wo Sie auch das Erlaubnis haben, Fragen zu stellen, proben Sie weiter: „Ist die Frage dies oder ist die Frage das?“ „Sie meinen sicherlich das, ist das richtig?“ Jetzt muss das Gegenüber Infos liefern und sich selbst in eine Position begeben.

– Die Dynamik unterbrechen und in eine andere Richtung lenken: „Sie haben vorher etwas sehr Interessantes gesagt, können Sie noch mehr dazu sagen?“

3. Skeptizismus
Das kann bei den obigen Situationen ein Unterton sein, zum Beispiel „Das funktioniert nicht.“ Werden Sie nicht defensiv, drehen Sie das Skript um in dem Sie Fragen stellen, so dass jetzt die Anderen ihre Position verteidigen müssen:

„Verzeihung, ich bin wirklich sehr interessiert zu erfahren, warum Sie das sagen?“ Wie kommen Sie darauf dass…?“

Die bisherigen Beispiele haben gezeigt, dass um aus einer schwachen Position zu kommen, man die Kontrolle über die Gesprächsdynamik erlangen muss. Am Einfachsten geschieht das über Unterbrechungen, Fragen und Gegenfragen. Das kann und soll respektvoll und höflich getan werden, damit das Gegenüber zu Kooperation bewogen wird.

© 2021 Teodora Rudolph